Bürgermeisterwahl in Vechta

Man stelle sich das einmal vor:

Wir leben in der Mustergemeinde Clausdal. Klein und beschaulich liegt sie hinter den sieben Bergen und beherbergt zehn wahlberechtigte Bürger. Und einer von ihnen, der braungebrannte und weltmännisch wirkende Helge, ist Bürgermeisterkandidat. Nur er, denn sein Freund wollte nicht mehr und hat deshalb schmollend seine Kandidatur zurückgezogen, um seinem Spezi Helge keine Stimmen wegzunehmen. Klingt komisch, ist aber so.

Der Tag der Wahl ist gekommen und im Wahllokal (Clausdal hat nur eins, was ja auch reicht) liegen die Stimmzettel aus:

Fall 1:

Alle Wahlberechtigten gehen zur Wahl. Helge wählt sich selbst (im Andenken an Adenauer), sein Nachbar wählt ihn auch. Drei Bürger streichen den Namen Helge durch und wollen lieber Donald Duck, die anderen fünf kreuzen nichts an.

Bei der Auszählung kommt es zu folgenden Werten:  Wahlbeteiligung 100%, ungültige Stimmen 30%, für Helge 20%, Enthaltungen 50%.

HELGE IST BÜRGERMEISTER!

Fall 2:

Alle gehen zur Wahl, aber außer Helge drücken sie ihren Unmut aus, indem sie nichts ankreuzen.

Bei der Auszählung ergeben sich folgende Werte: Wahlbeteiligung 100%, ungültige Stimmen- keine, für Helge 10%, Enthaltungen 90%.

HELGE IST BÜRGERMEISTER!

Fall 3:

Das ist wohl der absurdeste. Die Bürger von Clausdal fanden das Gerangel im Vorfeld der Wahl so abstrus, dass sie beschlossen, nicht daran teilzunehmen. Bis auf Helge blieben alle zu Hause. Der wählte sich natürlich wieder selbst.

Die Auszählung ergab dann: Wahlbeteiligung 10%, ungültige Stimmen – keine, für Helge 100%, Enthaltungen – keine

HELGE IST MIT GROSSEM RÜCKHALT AUS DER GEMEINDE BÜRGERMEISTER! ABER NUR, WEIL ER DER EINIZIGE IST, DER SICH GUT FINDET!!!!

Die Liste der Fallbeispiele ließe sich endlos fortsetzen.

Deutlich aber wird dadurch eins: Wenn es nicht gelingt, einen Kandidaten ins Rennen zu schicken, der eine Alternative zum Kandidaten der CDU darstellt, dann hat das, was sich im September bei der Bürgermeisterwahl abspielen wird, mit Demokratie und einer echten Wahl nicht mehr viel zu tun. Denn bei der Wahl zum Kandidaten für das Bürgermeisteramt haben gerade einmal 301 Personen für ihn gestimmt. Nun reicht im September unter Umständen seine eigene Stimme, um die letzte Hürde vor dem Amtssessel des Bürgermeisters im Rathaus zu überwinden. Und dann sitzt er da — warm und trocken und vor allem: lange!

Oder es kommt Fall 4:

Alle gehen zu Wahl, Helge wählt sich selbst, sein Freund wählt ihn auch und ebenso der Nachbar. Aber alle anderen Bewohner von Clausdal kreuzen NEIN an. Tja, liebe Bürgerinnen und Bürger … und nun?

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