Die Mehrheit hat nicht immer recht

Menschen leben zusammen in einer Stadt, sie wohnen, sie arbeiten, gestalten ihre Freizeit, bilden sich, werden versorgt, wenn sie krank sind, oder sie versorgen sich selbst, wenn sie z.B. einkaufen. Dazu nehmen sie auch immer wieder am Verkehr teil, um von A nach B zu gelangen. So etwas nennt man Daseinsgrundfunktionen.

Damit die Bewohner einer solchen Stadt diese Grundbedürfnisse ihres Lebens auch erfüllen können, werden Einrichtungen geschaffen, die das ermöglichen: Wohngebiete, Gewerbegebiete, Sport- und Freizeitstätten wie Kinos oder Gaststätten, Kindergärten, Schulen und Hochschulen, Krankenhäuser, Seniorenheime, Ärztehäuser und Geschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs.

Bedarf ist das Stichwort. Jeder Mensch hat Bedarf, hat diese Bedürfnisse.

Warum aber äußert er sie nicht? Warum lässt er sich oftmals sagen, wo und wie er seine Bedürfnisse befriedigen kann? Warum sagt er nicht, was er benötigt, um wirklich zufrieden in einer Stadt und mit seinen Mitmenschen zu leben. Warum leitet er Zufriedenheit ab aus dem, was ihm geliefert wird und nicht aus dem, was er sich selbst schaffen konnte oder was aufgrund seiner Idee geschaffen werden konnte?

Die Masse irrt nicht! Und hier ist wirklich einmal die Masse gemeint, nicht die Mehrheit, wir alle sind gemeint und nicht nur ein Teil, nicht einmal ein großer Teil.

Um das verständlich zu machen, stelle man sich einmal Folgendes vor: In einem Schaufenster auf der Großen Straße in Vechta ist ein großes Einkochglas aufgestellt, das bis zum Rand mit Erbsen gefüllt wurde. Demjenigen, der die Zahl der Erbsen am besten schätzt, winkt ein ansehnlicher Preis. Viele finden das Angebot verlockend und geben ihren Tipp ab, und tatsächlich gewinnt am Ende einer, denn einer muss ja am nächsten dran gewesen sein mit seinem Tipp, auch wenn er sich um 250 oder mehr Erbsen verschätzt haben sollte. Schön für ihn, ärgerlich für die anderen.

Das alleine aber ist nicht wirklich interessant und nahezu banal. Viel interessanter ist ein anderes Phänomen: Nimmt man alle abgegebenen Tipps zusammen und errechnet dann den Mittelwert, so fällt auf, dass dieser Wert der Masse der tatsächlichen Anzahl der Erbsen erstaunlich nahe kommt. Die Abweichung ist deutlich kleiner und manchmal sogar so genau, dass die exakte Anzahl Erbsen am Ende steht.

So ähnlich wäre es auch in einer Stadt. Wenn dort einige für sich einen Tipp abgeben bei einem gestellten Problem, dann ist die Aussicht auf Erfolg gering. Am Ende gewinnt den Preis ein Einzelner, zufällig. Wenn aber alle Meinungen einfließen können bei einer Aufgabe, dann ist die Chance, die optimale Lösung zu finden um ein Vielfaches größer.

Doch zeigt das Erbsenbeispiel auch noch etwas anderes: Es kommt nicht darauf an, dass nur Mathematiker oder sonstige vermeintlich kluge Köpfe teilnehmen oder der Gemüsebauer, der sich mit Erbsen auskennt, nicht nur der Zaghafte und nicht nur der Ungestüme. Der Zaghafte wird weit unter der realen Zahl bleiben, der Ungestüme weit darüber. In der Mischung liegt das Lösungsgeheimnis.

So auch in der Stadt und bei den Aufgaben, die sich dort stellen. Nicht der Ungestüme allein hat recht, auch wenn seine Zahlen imposant erscheinen und die Mitstreiter beeindrucken mögen. Nicht der Zaghafte kommt der Lösung nah, auch wenn man denken mag, Bescheidenheit sei eine Zier.

Alle Bürgerinnen und Bürger zusammen haben mit ihren Meinungen gleichen Anteil am Erreichen der richtigen Lösung.

Aus diesem Grund interessiert uns JEDE MEINUNG in Vechta, denn nur ZUSAMMEN können wir das Ziel erreichen, dass die Bedürfnisse aller erfüllt werden können. Und diese Bedürfnisse wissen doch nur alle Bürgerinnen und Bürger.

Warum tun wir also so, als wüssten die Politiker allein, was gut für die Stadt ist? Und noch schlimmer: Warum tun wir so, als wüssten nur die Politiker einer Partei, was gut für die Stadt ist? Wir alle sind die Stadt und wir alle zusammen wissen am besten, was gut für uns ist.

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