Ab dem 1. Mai gilt für Bürgerinnen und Bürger aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, der Slowakei, Slowenien und Ungarn in Deutschland die uneingschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit, was bedeutet, dass Angehörige dieser Staaten ihren Arbeitsplatz innerhalb der EU frei wählen und zu den gleichen Bedingungen beschäftigt werden müssen wie die Arbeitnehmer im Zielland.
In einem Artikel vom 30.04.2011 (S. 18) berichtet die OV von einem Vortrag der SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Eva Högl, die von der Europa Union Vechta eingeladen worden war und im Rahmen eines Vortrages zu diesem Thema zu der Feststellung kam, dass es „bei der Freizügigkeit nicht um Migranten oder Asylanten gehe, sondern um reine Arbeitszuwanderung.“ Vielleicht hätte Frau Dr. Högl in Latein etwas besser aufpassen sollen, denn dann wüsste sie, dass sich das Wort ‚Migranten‚ vom Lateinischen ‚migrare‘ ableitet und das bedeutet nun einmal ‚wandern‘. Es ist doch Augenwischerei zu behaupten, durch die neue Freizügigkeit würden keine Migrationsbewegungen in Gang gesetzt, sondern eben nur Wanderungen. Das ist doch nur reine Begriffkosmetik.
Man sollte auch nicht alle neu hinzukommenden Staaten nun in einen Topf werfen, denn die möglichen Wanderungen werden sicherlich unterschiedlich ausfallen, auch wenn Dr. Högl zugibt: „Was uns erwartet, wissen wir alle nicht.“ Das ist wohl wahr, doch ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit gering, dass Deutschland von tschechischen Arbeitskräften überschwemmt wird, da im Land die Wirtschaft floriert und wächst. Entsprechendes gilt sicher auch für Estland, die Slowakei und Slowenien. Und was ist mit den anderen Staaten? Auch da könnten sich die dauerhaften Wanderungen in Grenzen halten, denn durch den Beitritt zur EU wandeln sich in den Staaten die wirtschaftlichen Bedingungen nachhaltig. Dennoch ist zunächst einmal mit einem Anstieg zu rechnen, da viele dieser Staaten wirtschaftlich zur Zeit noch recht schwach sind, was sich am BIP (Bruttoinlandprodukt) ablesen lässt.
Angst vor Verdrängung eigener Arbeitskräfte müsste man nicht haben, wenn man sich endlich zu einem Mindestlohn durchringen könnte. Schwieriger könnte es dagegen aus Sicht der ‚Beitrittsländer‘ werden, denn durch die neue Regelung könnten sich qualifizierte Fachkräfte auf den Weg machen, die dann der heimischen Wirtschaft vor Ort fehlen.
Man wird es abwarten müssen, was in den kommenden Jahren geschieht, denn, so stellt Dr. Högl fest, „die Bundesregierungen hätten es seit 2004 versäumt, die Freizügigkeit gut vorzubereiten.“ Dafür unseren Dank.
Unter dem Strich lässt sich feststellen, dass der Vortrag offensichtlich geprägt war von Nichtwissen und Ahnungslosigkeit, gepaart mit vorsorglicher Schuldzuweisung, falls es doch alles ganz anders kommen sollte. Na prima! Immerhin: ‚“Ich freue mich auf den 1. Mai und die Arbeitnehmerfreizügigkeit“, sagte Högl.‘ – Wenigstens eine …