„Wie sicher fühlen Sie sich in Ihrer Umgebung?“ – So oder ähnlich lautete die Frage der Kriminologischen Regionalanalyse für den Kreis Vechta, deren Ergebnis in der OV vom 21.05.2011 auf S. 19 veröffentlicht wird. Sehr sicher fühlen sich danach insgesamt 31,7% der Befragten in der Nacht und 53,8% am Tag. Nachts geben nur 8,4% der weiblichen Befragten an, dass sie sich sehr sicher fühlen.
Kurios sind einige Aspekte, die zur Unsicherheit führen: undisziplinierte Autofahrer (79%), herumliegender Müll (76,1%), Vertreter- und Haustürgeschäfte (51,8%) und betrunkene Personen (40,7%). „Straftaten mindern derweil nur vereinzelt die Lebensqualität der Befragten“ heißt es in dem Bericht der OV. Was habe ich davon zu halten? Unsicherheit durch Müll? Wo beginnt die Unsicherheit? Kann mich illegal abgelegter Müll an Sammelcontainern bedrohen? – Das ist eine Schweinerei, wenn man so etwas tut, aber fühle ich mich bedroht? – Bedroht fühle ich mich da eher durch die angriffslustigen Wespen an Altglascontainern im Sommer. – Spaß bei Seite.
Unsicherheit ist – wenn sie auf diese Aspekte ausgedehnt wird – hausgemacht. Regeln und Richtlinien, Verordnungen und Vorschriften, die uns ein sicheres Zusammenleben ermöglichen sollen, haben wir genug. Es ist immer eine Frage der Durchsetzbarkeit, des Durchsetzungswillens und der Möglichkeit der Sanktionierung, ob und wie sinn- und wertvoll die Regelungen sind. Für die undisziplinierten Autofahrer gibt es die StVO, für die Müllentsorgung gibt es Abfallentsorgungsregelungen in Stadt und Landkreis usw. Aber wo sind diejenigen, die Verstöße gegen die Regelungen nachhaltig und flächendeckend ahnden können? Wie kann man Nachhaltigkeit erreichen bei der Durchsetzung der StVO (wenn auf der Großen Straße in Vechta Tempolimits nicht eingehalten werden, wenn Radfahrer über die Gehwege fahren – übrigens auch Erwachsene mit Vorbildfunktion Ampeln auf diese Art umfahren)? Wie kann man illegalen Sperrmüll an Containern verhindern (Videoüberwachung mag abschrecken, aber dann landet der Schutt eben im nächsten Wald oder Straßengraben)?
Ein Sprichwort sagt: Gelegenheit macht Diebe! Mit anderen Worten: Wenn irgendwo etwas geregelt ist, dann gibt es auch immer wieder Zeitgenossen, die diese Regeln unterlaufen, sobald sich eine Möglichkeit dazu findet. Das liegt inzwischen fast schon in der Natur der Sache. Wenn ich zum Beispiel eine neue Regel in meinem Tätigkeitsbereich aufstelle, dann erlebe ich es in fast allen Fällen, dass nicht versucht wird, diese Regel auf ihren Sinn hin zu überprüfen und zu verstehen, vielmehr wird sofort die „Lücke im System“ gesucht: „Was ist aber, wenn …?“ – Und das ist keine Frage der Regelungen an sich, das ist eine Frage von Erziehung, Vorleben, Einbindung des Einzelnen in soziale Strukturen wie Familie, Vereine, Klassenverbände in Schulen etc. Und es ist eine Frage der Durchsetzung einer solchen Regelung.
Inkonsequenz ist das Ende einer Integration in eine Gesellschaft, noch bevor diese begonnen hat.
Eine Regel ist nur so gut wie ihre Durchsetzbarkeit. Fordere ich ihre Einhaltung nicht ein, dann ist sie sogar kontraproduktiv, denn sie reißt andere Regelungen mit in den Abgrund.
Sicher ist es mühsam, solche Einhaltungen einzufordern, aber tun wir es nicht, dann werden wir über kurz oder lang vor einem Problemberg stehen, der nicht mehr zu bewältigen sein wird. Dazu aber gehört eine finanzielle und vor allem personelle Optimierung der Ausstattung derjenigen, die so etwas einfordern können. Und dazu gehört auch, dass Regler und Regeln nicht den Ruf behalten, spießig zu sein. Dazu gehört Konsequenz und dazu gehört unter Umständen auch eine empfindliche Sanktionierung – ein „Du, du , du!“ mit erhobenem Zeigefinger wäre es dann wohl eher nicht.
Absolute Sicherheit gibt es nicht, aber dass sich mehr als 3/4 der Befragten von Müll bedroht fühlen sollen – ich kann es nicht nachvollziehen.
(Raimund Schulte)