Archiv der Kategorie: Mitgliedermeinungen

Zukunftsweisende Stoppelmarkt-Werbung der Stadt

„Apps“ ( das sind kleine digitale Miniprogramme für sogenannte Smartphones) sind in aller Munde. Glücklicherweise ist auch die Stadt Vechta auf den Zug aufgesprungen und bietet seit heute eine Stoppelmarkt-App für das iPhone und eine Web-App für alle gängigen Handys an.

Mit der App lassen sich Partyprogramme, Lageplan, Bus- & Bahnfahrpläne , Informationen zum Viehmarkt, dem Festumzug und und und… auch unterwegs, auf der Westerheide begutachten.
Wir finden es toll, dass die Stadt das Potenzial dieser Werbung für das, wie wir Vechtaer es natürlich finden, schönste Volksfest Norddeutschlands, erkannt hat. Zwar mag der Preis für die Entwicklung mit 20.000 Euro sehr hoch klingen, allerdings muss man auch bedenken, dass diese App viele weitere Jahre im Internet bleiben wird & somit eine positive Langzeitwirkung für die Besucherzahlen nicht auszuschließen ist.

Die App lässt sich übrigens hier herunterladen: www.stoppelmarkt-app.de/app

Fragt sich allerdings, ob eine App für 5 Tage im Jahr wirklich so sinnvoll ist – Warum nicht auf das ganze Jahr ausweiten und eine App für die Stadt daraus machen ? Dann könnte man z.B. Öffnungszeiten von Rathaus, Schwimmbad etc., Stadtbusfahrplan, Telefonnummern von Behörden, Kinoprogramm vom neuen Kinocenter usw. nachschauen. Aber warten wir ab, was mit der Zeit kommt.

900 Gäste auf Berliner Stoppel-Party

900 Gäste sollen sich in der Landesvertretung Niedersachsens in Berlin getummelt haben – und das trotz einer Konkurrenzveranstaltung Nordrhein-Westfalens. Das muss ja für die Abgeordneten in Berlin echt Stress sein, wenn man nicht so recht weiß, wo man sich abends satt essen soll.

Die OV berichtet in der Ausgabe vom 8.6.2011 bereits zum zweiten Mal von diesem Event in Berlin. Und irgendwie scheint man sehr bemüht zu sein, der Veranstaltung einen wirklich wichtigen Anstrich zu geben, auch wenn das Fazit am Ende des Zeitungsartikels doch eher ernüchternd ausfällt: „So wurde die Berlin-Reise nebenbei für ein bisschen Politik genutzt – und, um prominente Gäste einzuladen.“

„Unsere Region war mit vielen wichtigen Entscheidungsträgern vertreten“, wird Bartels zitiert. „Es war gut, dass sie einmal Zeit hatten, miteinander zu sprechen. Sie treffen sich ja nicht regelmäßig.“ Entscheidungsträger UNSERER Region verlassen unsere Region, um miteinander zu reden. In BERLIN? Wie verrückt ist das denn? Geht das nicht auch bei Jansen auf dem Saal, bei Sextro, bei Sgundek oder in einem luxuriös ausgestatteten Kühling-Festzelt auf der Westerheide? Eine solche Erklärung als Rechtfertigung für die Berlin-Reise ist in meinen Augen einfach lächerlich. Gespräche mit Staatssekretär Dr. Kloos (BM Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) kann man auch mit kleiner Delegation führen. Da nimmt man sich ne Gruppenkarte der Bahn und lässt vier oder fünf Personen kostengünstig nach Berlin juckeln – oder von mir aus auch standesgemäß fliegen, wenn es sein muss. Aber dafür mit ca. 1,3% der Vechtaer Bevölkerung in der Hauptstadt zum kleinen Stoppelmarkt einzufallen – das ist dafür dann doch leicht überdimensioniert.

Wenn nur 1,3% der Berliner nun zum großen Stoppelmarkt nach Vechta kämen … das wären bei 3,44 Millionen 44.772 Besucher mehr. Eine lohnende Veranstaltung! Prost!

(Raimund Schulte)

Lokal-Werbung in Berlin – 400 Leute unterwegs

Der Kongress tanzt, möchte man sagen. Man stelle sich das einmal vor: Da fahren mit Ratsmitgliedern insgesamt 400 Vechtaer Bürgerinnen und Bürger nach Berlin, um dort zu zeigen, dass man hier Stoppelmarkt feiert. In der niedersächsischen Landesvertretung trifft man sich bei Bier und „kulinarischen Köstlichkeiten“, wie es in der OV vom 7.6.2011 auf S. 10 heißt. Die Verpflegung hatte man aus Vechta extra mitgebracht. Werbung für die Uni und für die wirtschaftliche Stärke der Stadt – mit 400 Leuten. Und Ursula von der Leyen war auch da. Sie sei schon vor 35 Jahren mit ihrem Vater, dem damaligen niedersächsischen Minsterpräsidenten Ernst Albrecht (nicht zu verwechseln mit den Aldi-Brüdern, die heißen Karl und Theo Albrecht) auf dem Stoppelmarkt „rumgehüpft“. Jürgen Muhle, Chef der Paneuropa, beschrieb die Vechtaer als „bodenständig und innovativ“. Die Stadt sei immer bereit, ihre Unternehmer zu unterstützen. Bürgermeister Bartels beschrieb Vechta als „eine ausgezeichnete Bildungsregion mit hohen wirtschaftlichen Kapazitäten“. Professor Dr. Wilking von der Uni Vechta lobte die „Forschungsvorteile an der Uni“ und die Präsidentin der Uni, Marianne Assenmacher, wird mit den Worten zitiert: „Eine solche Universität hat größeres Potenzial, Neuerungen durchzusetzen.“ Und Landrat Focke war „mit Spaß dabei“, außerdem natürlich Jan und Libbet, Jazz for Fun, Monika Ebeling verteilte Lebkuchenherzen, Marktmeister Manfed Meyer und Thomas Frilling mit Drehorgel …  Naja, und dann noch so der ein oder andere wichtige Stadtvertreter. Sogar Dirk Bojes mit seiner Milchbar.

Seien wir mal nicht so – da kommt man dann schon einmal schnell auf 100 wichtige Personen. Aber was ist mit den 300 anderen? Was war das denn nun? War das ein Betriebsausflug? Wenn ja, von welchem Betrieb? War das eine Werbeverantstaltung für den Stoppelmarkt? Warum dann in Berlin? (Damian Ryschka kommentiert zu Recht, dass der Markt ein Selbstläufer sei und Berliner wohl kaum kämen). Warum ist man überhaupt nach Berlin und nicht nach Hannover? Wer bezahlt das eigentlich alles? Und warum fahren nicht auch einmal ganz normale Bürgerinnen und Bürger in die Hauptstadt? Immerhin sind ja die normalen Arbeiterinnen und Arbeiter diejenigen, die eine Spedition wie die Paneuropa am Laufen halten, die die Stadt mit zu dem machen, was sie ist. Vielleicht sollten auch von ihnen einmal 400 fahren und Werbung für die Stadt machen. Sie sind doch der Menschenschlag, den Franz-Josef Holzenkamp beschreibt: „bodenständig, klar, direkt“. Sie sind doch diejenigen, so Holzenkamp, die „ankommen“. Leider kommen sie nicht in Berlin an. Schade! Das wäre einmal ein Erlebnis: Werbung für Vechta von denen, die hier wohnen und arbeiten, die aus unterschiedlichen Berufen kommen und aus erster Hand sagen können, was sie für liebens- und lobenswert halten – eben bodenständig, klar und direkt!

(Raimund Schulte)

Orientierungslosigkeit in der Politik

Andreas Kathes Standpunkt in der OV vom 28.05.2011 auf S. 6 zeigt das Dilemma, in dem die Gesellschaft in diesen Jahren zu stecken scheint. „Die Menschen suchen Glauben, Hoffnung, Orientierung“, heißt es dort in der Überschrift seiner Glosse. Ich beschränke mich hier auf die Ausführungen zur Politik, die er macht.

Politik sei nicht mehr eindeutig zuzuordnen, denn es werde nicht mehr klar, wofür die einzelnen Parteien noch stehen. Wenn die CDU ihr familienpolitisches Weltbild kippe, die SPD ihr Profil als Arbeitnehmerpartei verliere, dann müsse sich niemand wundern, dass die Wähler wanderten. (…) Diese Form, es allen recht machen zu wollen, niemals nirgendwo anzuecken und möglichst geliebt zu werden, sei nun genau nicht sinnstiftend, nicht demokratisch, so A. Kathe.

Er hat sicherlich recht, denn die Jagd nach Stimmen bei Wahlen hat die Grenzen verwischen lassen zwischen Schwarz, Rot, Grün und Gelb. Man erinnere sich an die Wahlprogramme VOR den Grünen. Ökologie war fast ein Fremdwort, Umweltschutz eine theoretische Größe. Wachstum, Profit und Expansion waren die Götter. Und plötzlich stellte die Ökobewegung andere Werte in den Mittelpunkt des Denkens. Als Reaktion nahmen die alten Parteien Themen der Grünen auf, um eine Abwanderung von Wählern zu verhindern. Das ist traditionelles Denken seit jeher. Otto v. Bismarck, erster Reichskanzler von 1871 bis 1890, sagte einst: „Wenn der Arbeiter keinen Grund mehr zur Klage hätte, wären der Sozialdemokratie die Wurzeln abgegraben.“ – Und dann setzte er sich für die Einführung einer ersten Sozialgesetzgebung ein. – Aufnahme von Themen des politischen Gegners, um Wähler abzuziehen. Alles nichts Neues.

So einfach scheint es dann doch nicht zu sein, dass die Lösung in einer Polarisierung und Lagerbildung liegt. Politik beginnt in den Kommunen vor Ort, in den kleinsten Einheiten unseres föderalistischen Gemeinwesens. Und schauen wir auf Vechta, so kann man nun wirklich nicht sagen, dass es hier vor Ort in der Vergangenheit zu massiven Wanderungen bei den Wählern gekommen sei. Hier ist die CDU traditionell mit sehr hohen Stimmenanteilen vertreten. Und dennoch geht die Wahlbeteiligung zurück. Das lässt sich nicht damit erklären, dass die Konturen der Volksparteien verwischen.

Ich fürchte, es liegt vielmehr daran, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr beteiligen wollen an Machtgerangel und persönlichen Diffamierungen, dass sie die Nase voll haben von abgehobenen und nicht nachvollziehbaren Diskussionen. Sie bemerken mehr und mehr, dass sie Stimmvieh sind, das alle 5 Jahre zur Urne gelockt und danach wieder vergessen wird. Sie verweigern sich einer Politik der Taktik und Parteidisziplin, die mehr auf Machterhalt und scheinbare Geschlossenheit abzielt als auf Sachorientierung und Problemlösung.

Wenn es die Politik schaffen kann, die Bürgerinnen und Bürger wieder ernster zu nehmen, sie mehr und stärker in Entscheidungsprozesse einzubinden, dann wird auch die Beteiligung bei Wahlen wieder steigen. Und wenn es dann noch gelingt, einer Sache den Vorrang vor Macht und eigener Eitelkeit zu gewähren, dann sind auch Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit der Politiker wieder Werte, die Orientierung bieten, die den Bürgerinnen und Bürgern Halt geben und die zu einer neuen Verlässlichkeit führen können.

(Raimund Schulte)

Sicherheit im Landkreis

„Wie sicher fühlen Sie sich in Ihrer Umgebung?“ – So oder ähnlich lautete die Frage der Kriminologischen Regionalanalyse für den Kreis Vechta, deren Ergebnis in der OV vom 21.05.2011 auf S. 19 veröffentlicht wird. Sehr sicher fühlen sich danach insgesamt 31,7% der Befragten in der Nacht und 53,8% am Tag. Nachts geben nur 8,4% der weiblichen Befragten an, dass sie sich sehr sicher fühlen.

Kurios sind einige Aspekte, die zur Unsicherheit führen: undisziplinierte Autofahrer (79%), herumliegender Müll (76,1%), Vertreter- und Haustürgeschäfte (51,8%) und betrunkene Personen (40,7%). „Straftaten mindern derweil nur vereinzelt die Lebensqualität der Befragten“ heißt es in dem Bericht der OV. Was habe ich davon zu halten? Unsicherheit durch Müll? Wo beginnt die Unsicherheit? Kann mich illegal abgelegter Müll an Sammelcontainern bedrohen? – Das ist eine Schweinerei, wenn man so etwas tut, aber fühle ich mich bedroht? – Bedroht fühle ich mich da eher durch die angriffslustigen Wespen an Altglascontainern im Sommer. – Spaß bei Seite.

Unsicherheit ist – wenn sie auf diese Aspekte ausgedehnt wird – hausgemacht. Regeln und Richtlinien, Verordnungen und Vorschriften, die uns ein sicheres Zusammenleben ermöglichen sollen, haben wir genug. Es ist immer eine Frage der Durchsetzbarkeit, des Durchsetzungswillens und der Möglichkeit der Sanktionierung, ob und wie sinn- und wertvoll die Regelungen sind. Für die undisziplinierten Autofahrer gibt es die StVO, für die Müllentsorgung gibt es Abfallentsorgungsregelungen in Stadt und Landkreis usw. Aber wo sind diejenigen, die Verstöße gegen die Regelungen nachhaltig und flächendeckend ahnden können? Wie kann man Nachhaltigkeit erreichen bei der Durchsetzung der StVO (wenn auf der Großen Straße in Vechta Tempolimits nicht eingehalten werden, wenn Radfahrer über die Gehwege fahren – übrigens auch Erwachsene mit Vorbildfunktion Ampeln auf diese Art umfahren)? Wie kann man illegalen Sperrmüll an Containern verhindern (Videoüberwachung mag abschrecken, aber dann landet der Schutt eben im nächsten Wald oder Straßengraben)?

Ein Sprichwort sagt: Gelegenheit macht Diebe! Mit anderen Worten: Wenn irgendwo etwas geregelt ist, dann gibt es auch immer wieder Zeitgenossen, die diese Regeln unterlaufen, sobald sich eine Möglichkeit dazu findet. Das liegt inzwischen fast schon in der Natur der Sache. Wenn ich zum Beispiel eine neue Regel in meinem Tätigkeitsbereich aufstelle, dann erlebe ich es in fast allen Fällen, dass nicht versucht wird, diese Regel auf ihren Sinn hin zu überprüfen und zu verstehen, vielmehr wird sofort die „Lücke im System“ gesucht: „Was ist aber, wenn …?“ – Und das ist keine Frage der Regelungen an sich, das ist eine Frage von Erziehung, Vorleben, Einbindung des Einzelnen in soziale Strukturen wie Familie, Vereine, Klassenverbände in Schulen etc. Und es ist eine Frage der Durchsetzung einer solchen Regelung.

Inkonsequenz ist das Ende einer Integration in eine Gesellschaft, noch bevor diese begonnen hat.

Eine Regel ist nur so gut wie ihre Durchsetzbarkeit. Fordere ich ihre Einhaltung nicht ein, dann ist sie sogar kontraproduktiv, denn sie reißt andere Regelungen mit in den Abgrund.

Sicher ist es mühsam, solche Einhaltungen einzufordern, aber tun wir es nicht, dann werden wir über kurz oder lang vor einem Problemberg stehen, der nicht mehr zu bewältigen sein wird. Dazu aber gehört eine finanzielle und vor allem personelle Optimierung der Ausstattung derjenigen, die so etwas einfordern können. Und dazu gehört auch, dass Regler und Regeln nicht den Ruf behalten, spießig zu sein. Dazu gehört Konsequenz und dazu gehört unter Umständen auch eine empfindliche Sanktionierung – ein „Du, du , du!“ mit erhobenem Zeigefinger wäre es dann wohl eher nicht.

Absolute Sicherheit gibt es nicht, aber dass sich mehr als 3/4 der Befragten von Müll bedroht fühlen sollen – ich kann es nicht nachvollziehen.

(Raimund Schulte)